Laut EU-Verordnung dürfen Verpackungen zur Orientierung des Nährstoffbedarfs mit den empfohlenen Referenzwerten einer durchschnittlichen Person gekennzeichnet werden. Dieser Durchschnittsmensch braucht 2000 Kalorien am Tag. Doch wer ist schon durchschnittlich?
Verallgemeinerte Ernährungsregeln
Ein Durchschnittsmensch braucht 2000 Kalorien am Tag und soll 50g Eiweiß, 270g Kohlenhydrate (davon 90g Zucker) und 70g Fett essen. Während die Eiweißmenge eine Mindestmenge sein soll, entspricht die Fettmenge einem Höchstwert.
Kritik der Ernährungsregel und Einführung des Nutri Scores
Zurecht kritisieren Verbaucherschützer diese Kennzeichnung der Lebensmittelkonzerne und fordern stattdessen ein einfaches übersichtliches Label wie den Nutri Score.
Der Nutri Score unterteilt Lebensmittel in 5 Kategorien von A bis E, die farblich von dunkelgrün bis dunkelrot reicht. Der Ampel entsprechend bedeutet grün "mehr essen" und rot "stopp weniger essen". Das ist zugegebenermaßen einfach und anschaulich. Die Frage ist allerdings, ob so eine Einteilung tatsächlich hilfreich ist.
Die dargebotenen Grafiken zur Einführung des Nutri Scores zeigen dann z.B. eine Caprisonne, auf der dann ein rotes E prangt. Kinder vor zu viel Zucker und Verfettung zu schützen, dass muss richtig und gut sein. Geschieht den Konzernen recht, dass jetzt der Nutri Score diese gemeine
Praktik endlich deutlich kennzeichnet.
Ist der Nutri Score eine bessere Alternative?
Wer genauer hinsieht und dann die Kritierien studiert, wie der Nutri Score tatsächlich funktioniert, der sollte Zweifel bekommen, wie hilfreich ein solches Label überhaupt sein kann. Denn für die Bewertung werden nämlich nur fünf postive Kategorien und vier negative herangezogen. Gesundheitlich positiv werden mehr Eiweiß, Ballaststoffe,Nüsse, Gemüse und Obst bewertet und negativ sind höhere Kaloriendichte, Zucker, gesättigte Fettsäuren und Salz. Die Befürworter des Nutri Scores merken selbst an, dass Mineralien, Vitamine oder ungesättigte Fettsäuren nicht berücksichtigt werden. Und auch der Zusatz von Aromen, Süßstoffen, etc. nicht in die Benotung miteinfließen.
Beobachtungsstudien zum Thema Ernährungsregeln
Zum Beispiel hatte in einer der sehr seltenen Interventionsstudien PREDIMED von 2013 nur einer von einhundert Personen einen zusätzlichen Nutzen, wenn er mehr Nüsse und Olivenöl verspeist hat. Die Wahrscheinlichkeit, dass mehr Nüsse oder Olivenöl mich also nicht gesünder machen, liegt also nahe 100%!
Es wurden zu vielen weiteren Lebensmitteln und Mikro- und Makronährstoffen Tausende von Beobachtungsstudien weltweit
publiziert. Was kam dabei heraus? Erstens sind in absoluten Zahlen alle Effekte auf dieser Ebene "guter Stoff" und "schlechter Stoff"
bestenfalls sehr klein und deshalb kommen viele Studien auch zu scheinbar widersprüchlichen Ergebnissen. Das sind sie aber gar nicht, denn aufgrund der sehr kleinen Unterschiede verursachen diese und der Zufall eben nur minimal unterschiedliche Studienergebnisse. In der Öffentlichkeit werden allerdings gerne relative Wahrscheinlichkeiten für einzelne Studien herausposaunt, so dass die höheren Zahlen eine größere Relevanz suggerieren. Diese Art der Berichterstattung führt aufgrund der widersprüchlichen
Informationsschnipsel lediglich zu Verwirrung und man sieht irgendwann den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr.
Fazit - Einheitliche Ernährungsregeln
Genauso wenig wie es eine Hose gibt, die allen passt und steht, kann es auch nicht die eine für alle geltenden Ernährungsregeln geben. Wer vorwiegend die Gesundheit auf der Ebene eines bestimmten (Lebensmittel-)Stoffs sieht, erkennt nicht, dass in den meisten Fällen diese Beurteilung nur auf der Ebene des gesamten Lebensstils gelingen kann. Wäre es für aktive Kinder gesund, wenn sie vorwiegend nach dem Nutri Score mit A und B bewertete Lebensmittel essen würden? Natürlich nicht, denn wer wächst und sich sich viel bewegt, der braucht Energie. Deshalb halte ich die geplante Einführung solcher Labels für ungeeignet, denn sie vermitteln eine Schrumpfversion von gutem Essen und Leben.
Herzliche Grüße,
Euer Daniel!